Wir sind keine Bittsteller

05.09.2013

Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheime – der Staat bezahlt, aber die Kirche bestimmt?! Ein Beitrag von Kreisdechant Msgr. Guido Assmann zum Verhältnis von Staat und Kirche, erstmals abgedruckt in "Caritas aktuell".
 
Harte Forderungen wurden in den letzten Wochen ausgesprochen, nicht an Stammtischen, sondern von Politikern vorgetragen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, gesprochen in viele Mikrophone: Der Kirche müsse die Trägerschaft von Krankenhäusern und Kindertagesstätten abgenommen werden. Begründet wurde dies damit, dass doch der Staat diese Einrichtungen der Kirche bezahle und es könne doch nicht sein, dass die Kirche bestimme, nach welchen Grundsätzen in den Einrichtungen gehandelt würde.
An prominentem Sendeplatz wird dann die These vertreten, dass die Rechte der Kirche Sonderrechte seien, die ihr nicht zustehen, ja, die sogar gegen das Grundgesetzt verstoßen.
 
Einspruch! Das klingt, als stehe der Staat mit seinen Bürgerinnen und Bürgern auf der einen Seite und die Kirche auf der anderen und als würden die einen geschröpft, um die Hobbys der anderen zu bezahlen. Wir Katholiken sind genauso Teil dieses Staates und damit Steuerzahler wie jeder andere Bürger auch. Wir sind nicht Bittsteller des Staates, sondern Bürger, die sich engagieren.
 
Es ist gerade die Errungenschaft unserer Demokratie, dass verschiedene Gruppen Träger sozialer Einrichtungen sind. So liegt das Erziehungsrecht bei den Eltern. Und ihnen muss es frei gestellt sein, welche Hilfe sie bei der Erziehung zu Rate ziehen. Dabei spielt das Bekenntnis und die Weltanschauung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Katholische Kindertagesstätten unterstützen Eltern in ihrer Aufgabe der Erziehung. Sie müssen pädagogisch hervorragend arbeiten, wie jede Einrichtung für Kinder in unserem Land.  Das Plus ist ihr Handeln aus der Verantwortung vor Gott. Es ist etwas anders, ob wir den Menschen als Person, als einmaliges Geschöpf vom ersten Moment des Daseins an sehen oder als Produkt der Evolution. Es ist ein Unterschied, ob wir den Schwachen schützen oder den Menschen nach Produktivität beurteilen. Und es ist ein Unterschied, ob die Person in den Mittelpunkt gestellt wird oder die Leistung des Staates.
 
Wir leben in einer pluralen Gesellschaft. Unsere Verfassung sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger unseres Staates sich engagieren und einbringen. Ich bin froh, dass wir nicht in einem Staat leben, der die Erziehung des Kindes übernimmt oder sogar vorschreibt, indem er allein das Erziehungsmonopol hat. Die DDR ist untergegangen. Daraus sollten wir lernen.
 
Wenn es heißt, dass der Staat Krankenhäuser und Kindertagesstätten finanziert, ist das zum Teil richtig. Aber, der Staat sind wir! Wenn gesellschaftliche Gruppen Aufgaben zum Gemeinwohl übernehmen, dann müssen die staatlichen Leistungen genau so gezahlt werden, wie in staatlichen Einrichtungen. Das gilt für Elterninitiativen, Interessengemeinschaften und ebenso für die Kirchen.
 
Mit dem Caritasverband im Rhein-Kreis Neuss engagieren wir uns für das Gemeinwohl! Wir übernehmen auch Aufgaben, die sonst keiner übernimmt. Ein Beispiel sei die Betreuung der Flüchtlinge im ehemaligen Neusser St. Alexius-Krankenhaus genannt. Dies machen wir unabhängig von Religion oder Ansehen der Person. Wir übernehmen als Kirche auch Aufgaben, für die der Staat kein Geld hat. So haben wir Einrichtungen, die sich nie finanziell lohnen werden, weil wir Not sehen und da sein wollen.
 
Wie wir das können? Weil Katholiken zusätzlich zur Steuer, die jeder zahlen muss, 9% der Höhe der Lohnsteuer als Mitgliedsbeiträge unserer Glaubenseinrichtung, der Kirche zur Verfügung stellen. Wohlgemerkt: zusätzlich! Ein großer Teil davon wird in Aufgaben investiert, die der Gesellschaft zu Gute kommen. Und es engagieren sich Tausende von Christen ehrenamtlich, ohne Entgelt!
 
Nicht zuletzt sichern wir so Arbeitsplätze, die wiederum Familien ernähren.
Ich möchte nicht in einem Staat leben, in dem alles gleich geschaltet wird, in dem die Erziehung und die Fürsorge nur verwaltet wird und politische Mehrheiten alleine über das Wohl bestimmen. Dankbar bin ich, dass es die Pluralität gibt und so jeder Mensch sich entfalten kann und die Fürsorge bekommt, die er benötigt.
 
Kreisdechant Msgr. Guido Assmann
Vorsitzender des Caritasrates