Ärger in Neuss: Knöllchen beim Kirchgang

13.02.2023

Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte lang war es in Neuss guter Brauch: Wer zu Gottesdienstzeiten rund um die Kirchen parkte, musste kein „Knöllchen“ befürchten. Das Parken am Sonntag wurde von den Behörden geduldet, man drückte ein Auge zu, nannte das eine „rheinische Lösung“.

Doch damit ist jetzt offenbar Schluss. Auf dem Münsterplatz vor der Basilika St. Quirin gelten harte Regeln: „Nun wurden wir vom Ordnungsamt zurückgewiesen. Ansonsten hätten wir eine Strafe von 50 Euro erhalten!“ beschwert sich ein Gottesdienstbesucher in einem Schreiben an die Stadtverwaltung Neuss, das unserer Redaktion vorliegt. „Es kann doch nicht sein, dass man die Kirche nicht mehr mit dem Auto erreichen kann, wenn man auch noch behindert ist oder hilfsbedürftig.“ 

In dieser Woche ist das Schreiben des Kirchgängers Thema im Beschwerdeausschuss der Stadt. Die zeigt in ihrer Reaktion kein Verständnis: Das Parken auf dem Münsterplatz sei nur an Werktagen morgens für den Lieferverkehr erlaubt – und der sonntägliche Kirchbesuch sei nun einmal kein werktäglicher Lieferverkehr. „Die Einsatzzeiten der Mitarbeiter*innen des Amtes für Verkehrsangelegenheiten sind insgesamt ausgeweitet worden. Unter anderem kann nunmehr auch intensiver auf Bürgerbeschwerden eingegangen werden, die unter anderem zugeparkte Feuerwehrflächen, Einfahrten und unerlaubtes Parken auf Geh- und Radwegen melden.“ Im Klartext: Die Stadtverwaltung schreibt mehr „Knöllchen“, möchte das unerlaubte Parken stärker ahnden. Das ist Teil des Plans, Autofahren unattraktiv zu machen und den Pkw-Verkehr möglichst aus der Innenstadt herauszuhalten. Dazu werden auch zahlreiche Parkplätze aufgegeben, außerdem ist das Parken deutlich teurer geworden.

Eine speziell zu Gottesdienstzeiten verstärkte Kontrolle sei allerdings nicht vorgesehen, so die Stadtverwaltung. Das ist für den Beschwerdeführer nur ein schwacher Trost. Genauso wie die Empfehlung aus dem Rathaus, Parkhäuser oder den Parkplatz auf dem Wendersplatz zu nutzen. Denn beide Alternativen sind rund 500 Meter von der Kirche entfernt – für Gehbehinderte oder Kranke ist das ein weiter Weg. 

Vier heilige Messen werden jeden Sonntag in der bedeutendsten Kirche der Stadt gefeiert. Ob ihre Besucher in Zukunft wieder auf dem Münsterplatz parken können, bleibt abzuwarten. Die Stadtverwaltung empfiehlt, die Regelung nicht zu ändern. Doch das letzte Wort haben die Politiker. 

Foto: Stadt Neuss