Büchereien wehren sich gegen Zuschusskürzungen

11.11.2010

Rund 7.000 € Zuschuss an die kirchlichen öffentlichen Büchereien in Neuss will der Bürgermeister im kommenden Jahr nicht mehr auszahlen. Die Betroffenen wehren sich gegen diese Streichung.

In einem Brief wendet sich die Arbeitsgemeinschaft Kirchliche öffentliche Büchereien in Neuss (KÖBAG) an Bürgermeister Herbert Napp. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher der Büchereien haben diesen Brief unterschrieben.

Lesen Sie hier den Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Napp,

einer Pressenotiz vom 03.11.2010 zufolge soll die Förderung der kirchlichen öffentlichen Büchereien durch die Stadt Neuss in Form eines zweckgebundenen Zuschusses – 2010 in Höhe von insgesamt ca. 7.000 € - zur Anschaffung von Medien ab 2011 entfallen.

Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister Napp, aus folgenden Gründen diese Entscheidung zu überdenken und zu revidieren:
  • Wie wir bereits in einer Resolution vom 18.01.2007 zum Ausdruck gebracht haben, gibt es u.E. kaum eine andere soziale Einrichtung als eine ehrenamtlich betriebene Bücherei, die mit objektiv so geringer Finanzausstattung in Kombination mit dem ehrenamtlichen Bürger-Engagement so breitenwirksam und sozialpräventiv wirkt.
  • In den 17 kirchlichen öffentlichen Büchereien in Neuss erfolgten 2009 durch insgesamt 215, ausschließlich ehrenamtlich tätige, Damen und Herren Ausleihen von insgesamt 114.957 bei einem Gesamtbestand von 57.421 Medien.
  • Die Sprach- und Leseförderung ist ein Schwerpunkt in unseren kirchlichen öffentlichen Büchereien. Dem entsprechen die auf Kinder ausgerichteten, auch mit dem Zuschuss finanzierten Medienangebote und eine enge Zusammenarbeit mit den Kindergärten und den Grundschulen vor Ort. Kindergartenkinder im Schulalter besuchen im Rahmen der Aktion „BibFit“ viermal die nahe gelegene Bücherei und finden so ihren ersten Zugang zur Welt der Bücher. Zum Abschluss erhalten sie einen „Bibliotheksführerschein“.
  • Kirchliche öffentliche Büchereien sind eine Ergänzung zur Stadtbibliothek.
  • Nach unseren Erfahrungen trauen sich manche Leute erstmals eine Leiheinrichtung zu nutzen, da sie uns kennen und erst über das persönliche Gespräch ans Lesen kommen. Auch die meisten Kinder sind erstmal froh, ein übersichtliches kleines Angebot nutzen zu können, da das riesige Angebot der Stadtbibliothek manche sogar einschüchtert.
  • Hat ein Kind aber erst einmal Freude am Lesen gefunden, wird es zwangsläufig im Jugendalter in die größere Bücherei überwechseln, weil wir nicht genug Lesefutter bieten können.
  • Unsere Büchereien bilden eine Brücke zwischen Nichtlesern und Lesern und können darüber hinaus sehr viel persönlicher auf einzelne Bedürfnisse eingehen.
  • Kirchliche öffentliche Büchereien sorgen in Neuss für eine bibliothekarische Rund-um-Versorgung, da an jedem Tag der Woche mindestens eine unserer Büchereien geöffnet ist.
  • Kirchliche öffentliche Büchereien sind in den städtischen Außenbezirken von besonderer Bedeutung. Wie sich aus einem Schreiben des Kulturamtes Neuss vom 24.12.1993 ergibt, beruht die Förderung auch auf der bibliothekarischen Versorgung nach Schliessung der Zweigstellen der Stadtbibliothek und der Abschaffung des Bücherbusses.
  • Die kirchlichen öffentlichen Büchereien werden auch vielfältig von Senioren und behinderten Mitbürgern genutzt, denen der Weg zur Stadtbibliothek zu beschwerlich ist.
  • Unsere Büchereien bieten in Form der besonderen Bereitstellung von mehrsprachigen Medien für ausländische Mitbürger und entsprechenden Aktionen einen wichtigen Beitrag zur Integration.
Ein Medienzuschuss von etwa 350 € je Bücherei mag zwar wie ein „Tropfen auf den heißen Stein“ wirken – je nach Größenordnung der Bücherei macht dieser Betrag jedoch 20 bis 25% der Erwerbungsmittel aus.

Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister Napp insoweit, die städtische Förderung zur zweckgebundenen Anschaffung von Medien fortzuführen.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Berdel
Leiter der Arbeitsgemeinschaft Kirchliche öffentliche Büchereien in Neuss