Grevenbroich/Rommerskirchen: Sendungsraum übt Kritik an Pastoralen Einheiten

23.06.2023

Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände im Sendungsraum Grevenbroich/Rommerskirchen sowie der leitende Pfarrer Dr. Meik Schirpenbach und sein Seelsorgeteam haben Stellung zur Entscheidung der Rechtsform Pastoraler Einheiten im Erzbistum Köln genommen. "Wir können eine derartige Zerstörung von kirchlichem Leben nicht mittragen. Hier stehen ein geistliches und kulturelles Erbe sowie Heimat und Zukunft auf dem Spiel. Die Naivität, mit der hier etwas, was uns sehr kostbar ist, aufs Spiel gesetzt wird, ist erschreckend", heißt es.

Die Stellungnahme im Wortlaut: "In unserer ländlichen Pastoralen Einheit Grevenbroich/Rommerskirchen arbeiten wir seit 2017 mit 21 selbständigen Kirchengemeinden unter einem gemeinsamen leitenden Pfarrer und Pastoralteam zusammen. Wir praktizieren seit nunmehr sechs Jahren in wesentlichen Zügen das, was das Strukturmodell ,dynamischer Sendungsraum' abbildet.

Wir betrachten es als ein Zeichen der Vitalität unserer Gemeinden, dass es hier bislang immer gelungen ist, eine ausreichende Anzahl Mitarbeitender für die Kirchenvorstände zu gewinnen. Das gewählte Mandat ist für die Akzeptanz und die Arbeit vor Ort von grundlegender Bedeutung und kann nicht durch freiwillige Ausschussarbeit ersetzt werden.

Sollte es nun aufgrund einer entsprechenden Entscheidung in den nächsten Jahren zu einer Fusion dieser 21 Kirchengemeinden zu einer einzigen kommen, würden wir so gut wie alle bislang dort Engagierten verlieren. Eine zwangsweise Auflösung der bisherigen KVs wird hier als Missachtung bisherigen Engagements aufgefasst. Die dann liegenbleibende Arbeit kann niemand auffangen.

Pastoral und Vermögensverwaltung stehen in einer Wechselbeziehung. Sachkompetenz vor Ort braucht Entscheidungskompetenz vor Ort, um eine zügige und zuverlässige Abwicklung von Vorgängen und damit eine effiziente Vermögensverwaltung zu gewährleisten.

Auch wenn wir pastoral in Vielem die Sinnhaftigkeit der Pastoralen Einheit Grevenbroich/Rommerskirchen erfahren, denken und handeln wir primär subsidiär: Was vor Ort selbständig geregelt und gelebt werden kann, bedarf keiner Zentralisierung auf eine übergreifende Ebene. Das entspricht der Lebensrealität des ländlichen Raumes.     

Die Sinnhaftigkeit eines Gesamt-KVs ist hier vor Ort mehr als fraglich, zudem sich die Bistumsverwaltung in vielen Bereichen als immer noch sehr schwerfällig und wenig dienstleitungsorientiert erweist. Darüber hinaus sind die Überlegungen hinsichtlich der Rechtstrukturen einer Großpfarrei völlig unausgegoren, sodass eine flächendeckende Umsetzung zum jetzigen Zeitpunkt unverantwortlich wäre.      

Die Strukturfrage kann und darf nicht die Zukunftsfrage der Gemeindeentwicklung vor Ort sein. Im Falle einer einseitigen Entscheidung für die fusionierte Großpfarrei würden auf Jahre emotionale Kräfte sowie der Großteil der pastoralen und organisatorischen Anstrengungen an diese grundlegende Umstrukturierung gebunden sein und sich darin aufreiben. Das können wir uns nicht erlauben. Wir möchten und müssen uns in den kommenden Jahren mit anderen Dingen beschäftigen als einer Strukturreform, die alle Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Die kirchenpolitische Situation in unserem Erzbistum hat schon genug Wellen geschlagen und Vertrauen zerstört. Wir brauchen eine ruhige und organische geistliche Entwicklung der Gemeinden. Anzunehmen, dass dies nach einem so radikalen Einschnitt bald wieder eintreten würde, halten wir für illusorisch.

Strukturfragen werden uns immer begleiten und Gemeindeentwicklung wird immer dynamisch sein. Die Vorstellung, mit einem radikalen Schritt jetzt eine dauerhafte Struktur schaffen zu können, entbehrt jeder Erfahrungsgrundlage.       

Finanzielle Erwägungen hinsichtlich der Jahresabschlüsse stehen in keiner Relation zu dem pastoralen Schaden, den eine Großfusion hier anrichten würde. Resignation und Abwendung von noch mehr gläubigen Menschen wäre die Folge. Finanzielle Erwägungen dürfen nicht über den pastoralen Notwendigkeiten unserer christlichen Gemeinden stehen. Wir können eine derartige Zerstörung von kirchlichem Leben nicht mittragen. Hier stehen ein geistliches und kulturelles Erbe sowie Heimat und Zukunft auf dem Spiel. Die Naivität, mit der hier etwas, was uns sehr kostbar ist, aufs Spiel gesetzt wird, ist erschreckend.

Vor diesem Hintergrund halten wir es für zwingend notwendig, dass beide Strukturmodelle als Alternativen zur Verfügung stehen werden und appellieren an die Entscheidungstragenden, die besondere pastorale Situation des ländlichen Raumes im Blick zu behalten  und zu berücksichtigen."