NACHGEFRAGT: Allerheiligen und Allerseelen - Alles dasselbe?

29.10.2007

Wolfgang Vossen, Pfarrer des Seelsorgebereichs "Hoisten / Weckhoven - Am Hagelkreuz" und Pfarrverweser des Seelsorgebereichs "Norf / Rosellen", geht für katholisch-in-neuss.de der Bedeutung dieser Feiertage nach:

Zu einem Aufenthalt in Rom gehört sicherlich der Besuch des Pantheon. Ein gewaltiger Kuppelbau, der oben einen Blick offen lässt in den Himmel. Dieses von Kaiser Hadrian in den Jahren 118-125 n.Chr. erbaute Heiligtum für alle Götter des römischen Götterhimmels wurde von Papst Bonifaz IV. am 13. Mai 609 unter dem Titel „St. Maria ad Martyres“ allen christlichen Heiligen geweiht. Damit beginnt die Geschichte des „Allerheiligen-Festes“, zunächst am Freitag nach Ostern gefeiert und von Papst Gregor IV. im Jahre 839 auf die ganze Kirche ausgedehnt – nun mit dem Allerseelentag Anfang November.

Die Architektur des Pantheon lässt erkennen, worum es bei diesem Fest geht: es öffnet uns den Blick auf den Himmel – unsere endgültige Heimat. Dieser Himmel ist nicht leer oder allein die Wohnstatt Gottes, nein, er ist erfüllt von den Menschen, die durch ihr Leben und Sterben Zeugnis gegeben haben von der erlösenden Liebe Gottes – Menschen, deren in Taufe und Firmung grundgelegte Heiligkeit vor Gott ihre Vollendung gefunden hat. Wir gedenken an diesem Tag all dieser Heiligen, auch derer, um deren Heiligkeit nur Gott allein weiß.

Kirche ist Gemeinschaft, in der man füreinander eintritt. Zu dieser Gemeinschaft gehören auch die Heiligen – wir dürfen sie bitten, dass sie für uns bei Gott fürsprechend eintreten. Dies tun wir z.B. bei jeder hl. Messe im Kanon, dies tun wir in besonderer Weise am Allerheiligen-Fest.

Allerseelen ist die andere Seite derselben Medaille: Auch wir dürfen betend eintreten für die, die uns vorausgegangen sind. Menschen bleiben in ihrer Schwäche immer ein ganzes Stück hinter ihren von Gott gegebenen Möglichkeiten zurück – so bekennen wir es in jedem Bußakt der hl. Messe, verbunden mit der Bitte, füreinander bei Gott einzutreten. Von diesem fürbittenden Gebet sind auch die Verstorbenen nicht ausgeschlossen – auch wenn wir darauf vertrauen dürfen, dass Gott unserem Gebet immer schon in seiner grenzenlosen Liebe zuvorkommt.

Es ist eine Überforderung unseres Verstandes, sich deutlich zu machen, dass es in der Ewigkeit Gottes die Dimension der Zeit nicht gibt, d. h.: unser fürbittendes Gebet im „Hier und Jetzt“ kommt auch den Verstorben zugute, die nach unserer menschlichern Zeitrechnung doch schon längst bei Gott sind.

Allerheiligen und Allerseelen lassen uns zugleich
  • zurückblicken in die Vergangenheit: daher der Gang zum Friedhof, die Erinnerung an uns liebe Verstorbene, das besondere Gedenken der im vergangenen Jahr verstorbenen Mitglieder unserer Gemeinden
  • und ausblicken in die Zukunft: auf das, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben; und wohin wir unterwegs sind.

Diese Zukunft beschreibt der Theologe Johannes Brantschen so:
Ewiges Leben heißt: dass die liebende Kommunikation, die auf Erden nur teilweise gelingt, nun voll gelingen wird; dass wir uns ewig aneinander und an Gott freuen dürfen. "Kein Auge hat es gesehen, und kein Ohr hat es gehört, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben" (1 Kor 2,9) - und die einander lieben. Unser nicht unterzukriegender Wunsch nach Glück, unsere unstillbare Sehnsucht nach Gerechtigkeit, Freiheit und Liebe wird nicht im Nichts verhallen, sondern von Gottes Unendlichkeit aufgefangen werden.